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So lautet im Auszuge ein Brief, den der berühmte, aber geschichtlich vielleicht doch fragliche Tartarenkönig Presbyter Johann an den griechischen Kaiser geschrieben hat oder doch geschrieben haben soll. Mag der Brief untergeschoben sein oder nicht, er enthält neben verschiedenen belustigenden Merkwürdigkeiten, die ihren Grund in den falschen Anschauungen früherer Jahrhunderte haben, doch auch Thatsachen und Einzelheiten, welche von Marco Polo, Sir John Mandeville und andern Reisenden oder Forschern bestätigt worden sind, und ich wurde lebhaft an ihn erinnert, als ich jetzt auf der östlichen Höhe von Scheik Adi hielt und einen Blick nach Morgen richtete, wo sich die Berge von Surgh, Zibar, Hair, Tura Ghara, Baz, Dschelu, Tkhoma, Karitha und Tijari erhoben. In den Thälern, welche zwischen ihnen liegen, wohnen die letzten jener christlichen Sektierer, denen dieser Tartarenkönig angehörte. Zu seiner Zeit waren sie mächtig und einflußreich; die Sitze ihrer Metropolitanen lagen über den ganzen asiatischen Kontinent zerstreut, von den Küsten des kaspischen Meeres bis zu den chinesischen Seen und von den allernördlichsten Grenzen Skythiens bis zum äußersten südlichen Ende der indischen Halbinsel. Sie waren die Ratgeber Mohammeds und seiner Nachfolger. Die christlichen Anklänge des Kuran sind meist ihren Büchern und Lehren entnommen. Aber mit dem Falle der Khalifen brach auch ihre Macht zusammen und zwar mit reißender Schnelligkeit; denn ihre innere, geistliche Konstitution entbehrte der göttlichen Reinheit, welche die Kraft eines unbesiegbaren Widerstandes verleiht. Bereits unter der Regierung des Kassan, der ein Sohn des Arghun und ein Enkel des berühmten Eroberers von Baghdad, Hulaku Khan, war, begannen die Verfolgungen gegen sie. Dann aber brach der große Tamerlan unbarmherzig über sie herein. Mit unersättlicher Wut verfolgte er sie, zerstörte ihre Kirchen und brachte alle, denen es nicht gelang, in die unzugänglichen Berge Kurdistans zu entkommen, mit dem Schwerte um. Die Urenkel dieser Entkommenen leben noch heute an Plätzen, die Festungen verglichen werden können. Sie, die Ueberreste des einst so mächtigen assyrischen Volkes, sehen allzeit das Schwert der Türken und den Dolch der Kurden über sich schweben und haben in neuerer Zeit Grausamkeiten zu ertragen gehabt, bei deren Erzählung sich die Haare sträuben. Einen großen Teil der Schuld daran haben jedenfalls jene überseeischen Missionäre zu tragen, die ihren Schulund Bethäusern das Ansehen von Fortifikationen gaben und dadurch das Mißtrauen der dortigen Machthaber erweckten. Damit und durch ähnliche Unvorsichtigkeiten haben sie sowohl ihrem Werke als auch den Anhängern desselben gleich großen Schaden bereitet. Auf meinem Ritt nach Amadijah kam ich voraussichtlich auch in Ortschaften, die von diesen chaldäischen Christen bewohnt wurden; Grund genug, an jenen Brief zu denken, der ihre Vergangenheit am lebhaftesten illustriert. Einst Minister und Berater von Fürsten und Khalifen, sind sie jetzt, soweit sie nicht zur heiligen christkatholischen Kirche zurückgekehrt sind, so ohne alle innere und äußere Kraft, daß Männer wie der berüchtigte Beder Khan Bey und sein Verbündeter Abd el Summit Bey die fürchterlichsten Metzeleien unter ihnen anrichten konnten, ohne den geringsten Widerstand zu finden. Und doch hätte das schwer zugängliche Terrain, das sie bewohnen, ihnen die erfolgreichste Verteidigung an die Hand gegeben. Wie ungleich männlicher hatten sich dagegen die Dschesidi verhalten! Nach jener Flammennacht im Thale Idiz war Ali Bey nach Dscherraijah geritten, scheinbar nur von zehn Männern begleitet. Aber noch vor seinem Aufbruche hatte er eine hinreichende Anzahl von Kriegern in die Nähe von Bozan vorausgesandt. Der Mutessarif war wirklich mit einer gleich großen Begleitung eingetroffen, aber Ali Bey hatte durch seine Kundschafter erfahren, daß zwischen Scio Khan und Ras ul Ain eine beträchtliche Truppenmacht zusammengezogen worden sei, um noch desselben Tages nach Scheik Adi vorzugehen. Auf diese Kunde hin hatte er den Mutessarif einfach einschließen lassen und zum Gefangenen gemacht. Um seine Freiheit wieder zu erhalten, hatte dieser sich nun gezwungen gesehen, alle hinterlistigen Pläne aufzugeben und die friedlichen Vorschläge des Bey einzugehen. Die Folge davon war, daß das unterbrochene Fest der Dschesidi wieder aufgenommen und mit einem Jubel begangen wurde, dessen Zeuge Scheik Adi wohl noch nie gewesen war. Nach Ablauf dieser Feste wollte ich nach Amadijah aufbrechen, erfuhr aber, daß Mohammed Emin sich in den Bergen von Kaloni den Fuß vertreten hatte, und so war ich gezwungen, drei Wochen lang seine Wiederherstellung abzuwarten. Indes ging mir diese Zeit nicht ungenützt vorüber, da sie mir die höchst willkommene Gelegenheit bot, mich mit dem Kurdischen vertrauter als bisher zu machen. Endlich benachrichtigte mich der Haddedihn durch einen Boten, daß er zum Aufbruche bereit sei, und so hatte ich mich in aller Frühe aufgemacht, um ihn bei dem Häuptlinge der Badinankurden abzuholen. Mein Abschied von den Dschesidi war ein herzlicher, und ich mußte versprechen, auf der Rückkehr noch einige Tage bei ihnen zu verweilen. Zwar hatte ich mir jede Begleitung verbeten, aber Ali Bey ließ es sich nicht nehmen, mich wenigstens zu den Badinan zu bringen, um auch Mohammed Emin lebewohl sagen zu können. Jetzt also hielten wir auf der östlichen Höhe von Scheik Adi und ließen die Ereignisse der letzten Wochen an uns vorüberfliegen.
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